Seit Jahren führt die NATO-Partnerin Türkei einen völkerrechtswidrigen Krieg speziell gegen die kurdische Region in Nordsyrien. Die Kurd:innen haben in der sogenannten Rojava-Region eine basisdemokratische Gesellschaftsordnung aufgebaut. Kobanê ist zum Sinnbild für den kurdischen Widerstand und Kampf gegen den islamischen Staat geworden. Unter hohen Opferzahlen wurde der IS in Kobanê besiegt.
Zur Unterstützung der Zivilbevölkerung in dieser Region betreiben wir seit 01.01.2017 eine medizinische Ambulanz in Kobanê. Sie richtet sich insbesondere an Patient:innen mit Diabetes mellitus Erkrankungen. Durch das Erdbeben im Februar 2023 war das Gebäude bereits beschädigt worden.
Am 25.12.2023 wurde diese Ambulanz zerstört – sehr wahrscheinlich durch einen Raketen- oder Drohnenangriff durch das türkische Militär.
Derzeit arbeiten 6 Angestellte dort: Ein Arzt, zwei Krankenschwestern, ein Fahrer, ein Laborassistent sowie eine Reinigungskraft. Sie alle sind geschockt und betroffen, aber zum Glück körperlich unverletzt: Aufgrund des Feiertages waren sie nicht vor Ort. Dadurch waren glücklicherweise auch keine der rund 3100 Patient:innen anwesend, die dort zur kostenlosen Behandlung registriert sind. Allein 2023 kam es zu mehr als 12000 Patient:innenkontakten bzw. Behandlungen.
Leiter dieser Ambulanz ist Dr. Basrawi Ali, der aus Kobanê stammt, dort als Arzt arbeitete und unter Einsatz seines Lebens viele Opfer des IS-Terrors behandelte. Er floh schließlich nach Deutschland und lebt mit seiner Familie im Saarland. Er ist bei uns festangestellt und fährt regelmäßig zurück in diese bedrohte Region, um die Gesundheitsversorgung vor Ort aufrechtzuerhalten. Nur einen Tag vor dem Anschlag durch die türkische Armee ist er abgereist und glücklicherweise wohlbehalten in Deutschland angekommen.
Er erklärt: „Das türkische Militär bombardiert die kurdischen Gebiete rund um Kobanê immer wieder. Deshalb mussten wir in unserer Ambulanz auch schon viele Opfer mit schwersten Kriegsverletzungen behandeln.“
Seit vielen Jahren engagieren wir uns für die Opfer von Krieg, existentieller Armut, Naturkatastrophen und Terror weltweit. Anfang dieses Jahres haben wir uns für die türkischen Opfer der Erdbebenkatastrophe eingesetzt. Jetzt deutet alles darauf hin, dass die türkische Armee unsere Gesundheitsambulanz zerstört hat. Auch eine Apotheke sowie eine weitere allgemeinmedizinische Ambulanz in der Nachbarschaft sind von der Attacke betroffen.
Prof. Dr. Gerhard Trabert dazu: „Ich selbst habe unsere Ambulanz in Kobanê mehrfach persönlich besucht. Ich – wir alle – sind fassungslos über diesen Gewaltakt Erdoğans. Es sieht nach einem gezielten Angriff auf die medizinische Versorgungsstruktur aus, der die Zivilbevölkerung demoralisieren soll. Wir sind betroffen, traurig und auch wütend.“
Und er macht klar: „Wir werden über das türkische Generalkonsulat in Mainz Schadenersatzansprüche geltend machen. Wir werden uns diesem Terror nicht beugen. Wir werden eine neue medizinische Ambulanz aufbauen, u. a. auch wieder in Kooperation mit der schweizerischen Hilfsorganisation „Ärzte für Ärzte“. Wir werden dieser militärischen Aggression und Zerstörung unser Engagement für die Opfer von Krieg, Armut und Umweltkatastrophen weiterhin entgegensetzen!“
Beitrag im ARD über den Angriff:
https://www.ardmediathek.de/video/ZjdiNDZjNWMtMDRkNy00NmViLWJmOWQtZmRhZGIxYmQ2YTAz